Weit über 10.000 Kindern, Jugendlichen und Familien hat die Erziehungs-, Jugend- und Familienberatungsstelle in Aichach seit ihrer Gründung 1979 geholfen. Bei einem Pressegespräch schilderte Stellenleiterin Friederike Krisch die Schwerpunkte ihrer Arbeit und gab einen Einblick in die Schwierigkeiten, mit denen Familien sich an sie wenden.
Derzeit berät die Stelle in mehr als 400 Fällen pro Jahr, wobei ein Fall immer ein Kind oder ein Jugendlicher ist. Da kann es am Ende der Grundschulzeit eine Unsicherheit der Eltern bei der Frage nach der richtigen weiterführenden Schule geben, und der Fall ist vielleicht schon erledigt. Da kann es aber beispielsweise auch um Eltern gehen, die sich über die Erziehung ihres Kindes uneins sind, und zudem mehrere andere Probleme mitbringen: ein Elternteil ist etwa schwer krank, das Kind zeigt deutlich schlechtere Schulnoten als zuvor, in der Familie lebt noch ein Stiefgeschwisterkind aus einer früheren Beziehung eines Elternteils, und die Großeltern mischen sich ständig ein. Für diese fiktive Familie wären dann zahlreiche Gespräche nötig, um die einzelnen Fragen zu bearbeiten, doch auch das wäre nur ein Fall in der Statistik.
Zur Erziehungsberatung können alle kommen, die zur Erziehung von Kindern und Jugendlichen Beratung wünschen: Eltern, die einfach eine Frage haben. Jugendliche, die sich von ihren Eltern zu stark bevormundet fühlen. Oder Großeltern, denen die Entwicklung ihrer Enkel Sorge macht. Aber auch Fachkräfte von Schulen oder Kindertagesstätten können sich dort Rat holen, wenn sie möchten. Die Beratung selbst ist für die Ratsuchenden kostenlos: der Freistaat, der Landkreis und die KJF bezahlen die anfallenden Kosten.
Eine großes Thema seien Fragen rund um Trennung und Scheidung, wobei es dort – wie bei anderen Fragestellungen auch – eine große Bandbreite gebe. Manches Paar kommt wirklich gemeinsam in großer Sorge, wie man es den gemeinsamen Kindern erklären könnte, dass die Eltern sich trennen möchten; andere streiten bereits vor Gericht um jede einzelne Stunde, in der Vater oder Mutter das Kind am Wochenende bei sich haben will.
Generell sei festzustellen, dass die Gesellschaft sich gewandelt habe, und dass das in den Familien spürbar ankomme, sagt Diplom-Psychologin Krisch. Es sei in den meisten Familien heute so, dass beide Elternteile berufstätig seien und die Kinder häufig außer Haus von Fachkräften in Kita, Hort oder Ganztagsschule betreut würden. Dadurch gebe es weniger gemeinsam verbrachte Zeit in der Familie, weniger Gelegenheit zum Gespräch und viel mehr Zeitdruck im Familienalltag. „Das sind andere Herausforderungen als früher“, sagt Krisch.
Das Vorgehen der Erziehungsberater sei stets, die persönliche Situation der einzelnen Personen kennen zu lernen und auf eine individuell passende Lösung zu setzen; pauschale Rezepte der Lebensführung seien nicht möglich, da die Lebensumstände doch bei jedem anders seien. Letztlich sehen sich die Erziehungsberater auch gar nicht als Fachleute für das Leben fremder Menschen. „Meistens geht es darum, dass die Familien die Lösung selbst entwickeln und wir sie dabei unterstützen“, so Krisch. (wk)
Kontakt
KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung, Schlossplatz 5, 86551 Aichach. Außenstelle in der Nelkenstraße 18, 86438 Kissing. Terminvereinbarung unter 08251 204040.
Info
Am Freitag, 19.7.2019, feiert die Beratungsstelle ihr 40jähriges Bestehen. Die offizielle Feier beginnt um 9 Uhr im Kreisgut, Am Plattenberg 12, 86551 Aichach. Den Festvortrag hält Dr. Wolf Büntig zum Thema „Potenzialentfaltung – Wie wir werden, was wir sind“. Eingeladen sind alle Interessierten, Eintritt frei. Anmeldung unter 08251 204040.
Nachmittags freut sich die Beratungsstelle zwischen 14 Uhr bis 16 Uhr über interessierte Besucher; Schlossplatz 5, 86551 Aichach.