Ein Geschenk für beide Seiten

Ehrenamtliche Familienpaten gesucht, die im Unterallgäu Familien mit Kleinkindern besuchen
Familienpatin Karola Siebarth (rechts) besucht wöchentlich Evi Mayer und ihre drei Kinder. Aktuell werden neue Ehrenamtliche Familienpatinnen für das Unterallgäu gesucht. Foto: KJF/Kathrin Ruf
20. März 2018

Blau oder Grün? Wenn Familienpatin Karola Siebarth einmal die Woche einen Nachmittag auf den Hof von Familie Mayer in Arlesried bei Erkheim kommt, schaut sie zuerst auf die Schuhe der eineiigen Zwillinge: Johannes trägt immer die grünen Hausschuhe, Tobias die blauen. Das hilft ihr die beiden auseinanderzuhalten. Familie Mayer – das sind Papa Erwin, Mama Evi, die knapp dreijährige Franziska und die eineinhalbjährigen Zwillinge. Mama Evi hat mindestens immer einen Arm zu wenig, vor allem dann, wenn ihre drei Kinder gleichzeitig mit ihr kuscheln wollen. Von allen anderen Arbeiten, die in einem Haus mit drei Kindern und auf dem Bio-Hof für Milchwirtschaft so anfallen ganz zu schweigen.


„Für mich ist die Familienpatin eine sehr große Erleichterung und etwas ganz, ganz Wertvolles“, sagt Evi Mayer über die wöchentlichen Besuche von Karola Siebarth. Karola Siebarth, hat selbst zwei Kinder, eine 16-jährige Tochter und einen 19-jährigen Sohn, arbeitet in der Verwaltung eines Pflegeheims und ist seit bald sieben Jahren ehrenamtlich als Familienpatin im Einsatz. Familie Mayer ist bereits ihr vierter Einsatzort. Damit gehört sie zu den Pionieren des Projekts „Unterallgäuer Familienpaten“, das 2010 von der KJF Kinder- und Jugendhilfe Memmingen-Unterallgäu ins Leben gerufen wurde, um Familien mit Kleinkindern zu unterstützen. Die Sozialpädagogin Theresia Thoma von der KJF ist als Fachfrau für dieses Projekt zuständig, sie bildet neue Familienpaten aus, begleitet die Ehrenamtlichen wie auch die Familien während des Einsatzes, organisiert und leitet regelmäßige Austauschtreffen der Familienpatinnen und organisiert Fortbildungen. Aktuell ist sie auf der Suche nach neuen Frauen, die sich als Familienpatinnen ehrenamtlich und wohnortnah engagieren möchten. Mitbringen sollten diese Freude am Umgang mit Kindern, eine Offenheit für unterschiedliche Lebenswelten der Familien und wöchentlich zwei bis drei Stunden Zeit.


Wenn Karola Siebarth nach Arlesried zu Familie Mayer kommt, ist es inzwischen festes Ritual, dass Evi Mayer dann mit ihrer Tochter die Einkaufskörbe ins Auto lädt und die beiden den Wocheneinkauf erledigen. Diese Zeit ganz allein mit der Mama genießt Franziska sehr. Familienpatin Karola Siebarth packt währenddessen die beiden Jungs in den Kinderwagen und geht mit ihnen in die herrliche Umgebung, vom Hof der Familie Mayer hat man einen atemberaubenden Rundblick über die Allgäuer Alpen. „Ich habe erst neulich wieder versucht, mit allen drei Kindern einkaufen zu gehen“, erzählt Evi Mayer, „aber das scheitert schon allein daran, dass es in unserem Supermarkt keinen Zwillingseinkaufswagen gibt, den habe ich jetzt aber beantragt. Ohne Karola wüsste ich schlicht nicht, wie ich es machen sollte.“ Die Krankenschwester war zunächst natürlich auch unsicher, was für eine Person zu ihr kommen würde, es sei ja auch nicht ganz einfach, die eigenen Kinder jemand Fremden anzuvertrauen. Aber mit Karola Siebarth lag die dreifache Mutter sofort auf einer Wellenlänge. An ihrer Familienpatin schätzt sie vor allem „diese Liebe und Herzlichkeit, dass ich bei Erziehungsfragen wertvolle Tipps bekomme, sie aber trotzdem nicht reinredet oder es aushält und nichts sagt, wenn ich es vielleicht nicht so mache, wie sie es machen würde. Das rechne ich ihr sehr hoch an. Dieses konstante Dasein jede Woche, ist wirklich eine Leistung!“  


Dass Familie Mayer die Unterstützung durch eine Familienpatin bekam, ging unkompliziert. Über eine Freundin hatte Evi Mayer von dem Projekt erfahren und rief ein paar Wochen nach der Geburt ihrer Zwillinge im September 2016 einfach selbst bei Theresia Thoma an. Theresia Thoma stimmt sich immer mit der Koordinierenden Kinderschutzstelle (KoKi) des Landratsamtes Unterallgäu ab, bei welcher Familie ein Bedarf für diese Form der Hilfe besteht, doch das geht ganz unbürokratisch. In der Regel geht die Anfrage nach einer Familienpatin über die Mitarbeiterinnen der koordinierenden Kinderschutzstelle ein. Der Einsatz einer Familienpatin ist zeitlich beschränkt, meist endet er etwa nach einem Jahr beziehungsweise dann, wenn für die Kinder der Kindergarten losgeht. Evi Mayer und Karola Siebarth mögen an den Moment noch gar nicht denken. Aber Theresia Thoma bereitet bei jedem Einsatz auch den Abschied einer Familienpatin in der Familie langfristig mit vor, so dass auch das Ende dieser wichtigen Unterstützung gelingt.


Bis dahin genießt Karola Siebarth die Zeit mit den Mayer-Zwillingen: „Ich bin selbst leidenschaftliche Mutter und liebe Kinder“, erzählt sie. „Ich bekomme wesentlich mehr zurück als ich gebe. Ich genieße die Zeit mit den Kindern einfach wahnsinnig. Dass ich als Mutter und Frau auch wirklich gut helfen kann, einfach durch meine Zeit, das ist erfüllend. Dieses Ehrenamt ist ein Geschenk, da sich nirgends so finde.“

Info: Für Interessierte, die sich ein Ehrenamt als Familienpatin vorstellen können, steht Theresia Thoma Mobil: 0151 53708047 oder per E-Mail: thomat@kjf-memmingen.de für unverbindliche Vorgespräche zur Verfügung. Voraussichtlich im Mai findet an zwei halben Tagen der Einführungskurs für neue Familienpaten statt. 

Mehr über die Angebote der KJF Kinder- und Jugendhilfe in der Region Memmingen-Unterallgäu finden Sie unter www.kjf-kinder-jugendhilfe.de/memmingen-unterallgäu